Die Wiedergeburt von Omega -
Chapter 561: Ein Besucher (Kap. 562)
Chapter 561: Ein Besucher (Kap. 562)
Lord River saß in der schwach erleuchteten Zelle des dunklen Verlieses, mit dem Rücken an die kalte Steinwand gelehnt.
Die einzige Lichtquelle war ein kleines, vergittertes Fenster irgendwo weit unten im Flur, doch das reichte nicht aus, um die Zelle zu erhellen, und das war auch nicht beabsichtigt.
Die Luft war schwer von muffigen Gerüchen, und das Geräusch von tropfendem Wasser hallte in Lord Rivers Gehör wider, als käme es gleichzeitig von überall und nirgendwo.
In Lord Rivers Kopf schwirrten tausend Gedanken, keiner davon angenehm.
Vor ein paar Tagen war er noch der gefeierte und von allen respektierte Lord der Halle des Dünenlichts gewesen, aber das war nun eine ferne Erinnerung.
Lord River hatte gewusst, dass dieser Tag kommen würde. Er hatte geglaubt, sich mental darauf vorbereitet zu haben, doch erst jetzt erkannte er, wie sehr er sich geirrt hatte, er hatte sich zu viel zugetraut.
’Die Drachen zeigen niemals Gnade... sie sind grausame Wilde...’ dachte Lord River und verdrehte unruhig die Finger.
Er war verängstigt, zutiefst verängstigt, das konnte Lord River nicht länger leugnen.
Die Ungewissheit über seine Zukunft lastete schwer auf seiner Seele und erfüllte ihn mit einem Grauen, das ihn in der drückenden Stille seiner Zelle zu ersticken drohte.
Das Geräusch von Schritten, die durch die stillen Verliesgänge widerhallten, riss Lord River aus seinen quälenden Gedanken.
Sein Körper spannte sich unwillkürlich an, seine Muskeln wie eine Feder, die kurz davor war, zu zerreißen.
’War es schon so weit?’ fragte er sich. ’War Lord Menarx gekommen, um ein weiteres erfolgreiches Experiment an ihm durchzuführen?’
Die Schritte hallten laut, doch nicht so laut wie in Lord Rivers Kopf, und er zählte jeden Schritt.
’Eins... zwei... drei... fünf, wie viele Schritte würde es noch dauern, bis der Anfang seines Schreckens eintraf?’
Lord Rivers Atmung wurde flach und schnell, sein Brustkorb hob und senkte sich mit jeder panischen Einatmung.
Er richtete sich leicht auf und blickte sich um.
Es war dunkel, viel zu dunkel, um weit sehen zu können. Die Verliese waren absichtlich so gebaut, mit Wänden, die sich zu verschließen schienen, und Gängen, in denen weder bei Tag noch bei Nacht ein Lichtstrahl eindringen konnte.
Lord River wusste das, denn er hatte eine wichtige Rolle bei der Planung der Verliese gespielt, um sie für das Fae-Volk zu einem gespenstischen Ort zu machen.
Die Lichtenhalle war die Heimat der Fae, nur die Fae der Lichtenhalle konnten in diesen Verliesen gefangen gehalten werden.
Damals hatte Lord River nicht gedacht, dass er einer der wenigen sein würde, die in diese dunklen Verliese geworfen werden würden, doch diese Zeit war gekommen.
Lord River atmete tief ein und sammelte seinen Verstand. Schwäche zeigen durfte er jetzt nicht, dafür war es bereits zu spät.
"Wer... ist da?" fragte Lord River mit heiserer Stimme.
So sehr er sich auch bemühte, das Zittern aus seiner Stimme und seinen Händen konnte er nicht unterdrücken.
’Sechs... sieben... acht...’ Lord Rivers Zählung stoppte genau in dem Moment, als die Schritte zum Stillstand kamen und wieder völlige Stille über dem Verlies herrschte.Lord River konnte nach wie vor nicht erkennen, wie sein Besucher aussah, doch er konnte gerade noch eine Silhouette ausmachen, die an den Toren der gegenüberliegenden Zelle lehnte. Wie die meisten Zellen in der Lichtalle war auch diese leer. Die Lichtalle war ein Ort, der die Drachenschar anzog.
Hier in der Lichtalle nahm man keine Gefangenen. Der Tod war die einzige Strafe für jedes Vergehen, notwendig, um die Ordnung aufrechtzuerhalten.
Lord River wartete und wartete, doch es kam keine Antwort. Gerade als Lord River zu dem Schluss kam, dass alles nur Einbildung war, sein verängstigter Verstand ihm in dieser Dunkelheit erneut Streiche spielte, wurde die Stille von einem Geräusch durchbrochen – einem leisen Scharren von Füßen, Stiefeln, die über den rauen Zellenboden schleiften.
Diese stumme Einschüchterung, diese unausgesprochene Erklärung von Raubtier zu Beute, hatte Lord River bereits von den zahlreichen Taktiken des Lord Menarx gehört, den Verstand zu verwirren, und jetzt würde er es mit eigenen Augen erleben.
"Lord Menarx...", begann Lord River, nur um von einem leisen Spott unterbrochen zu werden.
Lord River schrie überrascht auf, als plötzlich ein Gegenstand in seine Zelle geworfen wurde und direkt neben ihm landete.
"Was ist das... Ich werde es nicht anfassen!", erklärte Lord River mit vorgespielter Entschlossenheit.
Wieder erfolgte keine Antwort, nur Schweigen. Wer auch immer gekommen war, schien es vollkommen in Ordnung zu finden, einfach zuzusehen, wie Lord River von seinen eigenen Ängsten überwältigt wurde.
Schließlich gab Lord River nach. Er ergriff den Gegenstand und hob ihn auf. Seine Augen weiteten sich, als das glänzende Metall einer kleinen Klinge ihn anstarrte.
"Was ist... wozu ist das gut...?", stammelte Lord River.
’Würden sie von ihm verlangen, sich selbst das Leben zu nehmen?’, fragte sich Lord River.
Der Gedanke war ihm bereits mehrfach durch den Kopf gegangen und er hätte sich nur zu gern eine einfache Flucht gewünscht,
doch einmal mehr erkannte Lord River zu spät, dass er sich selbst mehr zugetraut hatte, als er bereit war einzugestehen.
Mit zitternden Händen hielt Lord River die Klinge, und erst jetzt bemerkte er das kleine Pergament, das neben der Klinge gelegen und anscheinend mit ihr gemeinsam hineingeworfen worden war.
Lord River warf einen Blick auf die Silhouette, legte dann die Klinge zur Seite und griff nach dem Pergament.
Er entfaltete es langsam und las den Inhalt, wobei seine Augen sich weiteten.
"Das Ziel ist... Lord River...", las Lord River laut vor und seine erschrockenen Augen wandten sich wieder der Silhouette zu.
"Ihr stammt nicht von den Drachen... Ihr seid... von den Fae...", murmelte Lord River, als ihm die Erkenntnis kam.
"Sagt, was hat ein Mann wie Ihr getan, um ein solches Kopfgeld auf Euren Kopf zu ziehen?", sprach die Besucherin zum ersten Mal.
Lord River bemerkte, dass es eine weibliche Stimme war, doch die Gelassenheit, mit der die Worte gesprochen wurden, verrieten ihm, dass diese Person nicht zu unterschätzen war.
"Die Fae haben Euch geschickt? Wahrhaftig?", fragte Lord River erneut, seine Stimme bebend.
"Wer sonst hätte das richtige Motiv, Euch tot zu sehen? Selbst die Drachen wollen Euch lebend, zumindest vorerst...", sagte die Stimme erneut.
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