Die Wiedergeburt von Omega -
Chapter 341: Laufen (Kap.341)
Chapter 341: Laufen (Kap.341)
Der junge Mann schien nicht mehr als zwanzig Sommer nach menschlichem Alter zu sein, er war nur wenig älter als Neveahs eigenes Alter.
Neveah konnte keine übernatürlichen Spuren an ihm entdecken.
Sein Geruch, sein Aussehen und alles andere wirkte so gewöhnlich... einfach nur menschlich, und Neveah wäre zu dem Schluss gekommen, dass er es war, aber dann waren da seine Augen...
Dieser durchdringende Blick, der Neveah fixierte, schien ihr direkt in die Seele zu starren, und die Augen des jungen Mannes hatten einen seltsamen Gelbton, der irgendwie animalisch und geradezu unheimlich wirkte.
Die Art und Weise, wie er Neveah anstarrte, war so intensiv, dass es etwa eine Minute dauerte und Neveah sicher war, dass er nicht ein einziges Mal geblinzelt hatte, es vermittelte das Gefühl von Raubtier und Beute.
Neveah war die unglückliche Beute, auch wenn es so aussah, als wäre sie der einzige Nicht-Mensch zwischen ihnen beiden.
Der junge Mann sagte auch kein einziges Wort, wie es ein normaler Mensch tun würde, was eine weitere beunruhigende Tatsache war.
Neveah runzelte leicht die Stirn, ein tiefes Gefühl des Unbehagens kribbelte in ihrer Magengrube.
In Neveahs Kopf war auch ihr Wolf unruhig, ihre Instinkte wollten nicht nachlassen und Neveah wusste, dass mit diesem Mann etwas nicht stimmte.
So sehr Neveah das auch wusste, er war das einzige Lebewesen, das sie in der Nähe wahrnehmen konnte, und vielleicht die einzige Möglichkeit, herauszufinden, wo genau sie sich befand.
Neveah betrachtete den jungen Mann erneut, er war kein Drache, was eine große Erleichterung war.
Solange er kein Drache war, konnte sich Neveah keine andere Spezies vorstellen, bei der sie so stark benachteiligt wäre.
Neveah war also zuversichtlich, dass sie es mit diesem jungen Mann aufnehmen konnte, wenn es dazu kommen sollte.
Mit diesem Gedanken im Hinterkopf beruhigte Neveah ihr Herz.
"Ähmm ... hallo?" rief Neveah unsicher, als der junge Mann nach einem Moment immer noch nicht sprach.
Es kam keine Antwort auf Neveahs Worte, stattdessen blieb der junge Mann einfach stehen und starrte vor sich hin.
Selbst nach so langer Zeit hatte sich sein Blick nicht einen Moment von Neveah entfernt.
"Verzeihen Sie meine aufdringliche Frage ... sind Sie von hier?" Neveah versuchte es erneut und trat einen Schritt vor.
Vorsichtig, Veah", warnte Neveahs Wolf sie vor der Bewegung.
Neveahs Stirnrunzeln vertiefte sich, als der junge Mann immer noch schwieg und keine Anstalten zu machen schien, etwas zu sagen.
"Nun gut, dann überlasse ich dich jetzt deinem Schicksal." schloss Neveah, während sie zurücktrat.
Wieder erstarrte Neveah in ihrem Schritt, als der junge Mann ebenfalls einen Schritt nach vorne machte.
Neveah hob eine Augenbraue, als sie den jungen Mann misstrauisch beobachtete, und ihre Brauen zogen sich zusammen, als sie das leichte Zucken seines Kopfes bemerkte.
Sein Kopf zuckte in Abständen, als wüsste er nicht so recht, wie er ihn an Ort und Stelle halten sollte, was Neveah sicher nicht von einem Menschen erwarten würde.
Es hatte in dem Moment begonnen, als er den Schritt nach vorne machte, und jetzt schien es Neveah, als würde der junge Mann gegen etwas kämpfen... oder etwas durchmachen.
Was auch immer es war, Neveahs Rückzug hatte es ausgelöst, und Neveah wartete sicher nicht, um es herauszufinden.
Gerade als Neveah sich umdrehen wollte, bewegte sich der junge Mann blitzschnell.
Seine Bewegung war schnell, aber nicht so schnell, dass Neveah sie hätte übersehen können. Was auch immer er war, seine Geschwindigkeit entsprach nicht der eines Werwolfs.
Gerade als er sich Neveah näherte, drehte sich Neveah von seiner ausgestreckten Hand weg, und ein wildes Knurren entrang sich ihrer Kehle.
Instinktiv fuhren Neveahs Krallen aus und sie landete mit ihrer schnellen Bewegung einen Schlag... keinen tödlichen Schlag, aber gerade genug, um das erste Blut zu vergießen.
Neveah spürte, wie die dicke, nasse Flüssigkeit an ihren Krallen herabtropfte, aber was eigentlich warmes Blut hätte sein sollen, war stattdessen ein eiskalter, schwärzlicher Schleim.
"Bleib weg..." warnte Neveah und fletschte ihre Zähne vor dem jungen Mann, der einen Blick auf seine verletzte Hand warf, bevor er sie auf die Seite fallen ließ.
Dann richtete sich sein Blick wieder auf Neveah, deren Kopf immer noch zuckte.
Neveahs Augen weiteten sich vor Entsetzen, als sie seine Augen erblickte.
Eben noch waren es diese animalischen gelben Kugeln gewesen, die schon furchterregend genug waren, aber jetzt hatten sie sich in wirbelnde Pfützen aus pechschwarzer Dunkelheit verwandelt.
Auch von ihm ging ein dunkler Nebel aus, langsam wirbelte er um ihn herum.
Neveah könnte schwören, dass sie sehen konnte, wie sich seine Haut verfärbte, schwärzliche Adern traten an die Oberfläche und breiteten sich rasch aus, besonders deutlich im Gesicht.
"Der Pelz des Schöpfers! Was um alles in der Welt bist du?" rief Neveah entsetzt aus.
Und dann, als ob ihr Verstand die Dinge endlich richtig verarbeiten könnte, kam all das Wissen aus den Büchern, die Neveah in den letzten Tagen in Mor’ruds Bibliothek studiert hatte, in Neveahs Kopf zurück.
"Schwarze Adern ... schwarzes Blut ... dieser Gestank! Schuppen!" rief Neveah laut aus, als sie erkannte, was genau vor ihr lag.
Es war nur hundert Nummern zu klein und hatte die Gestalt eines Menschen und nicht die eines Monsters, das aus der Verschmelzung des Fleisches der Toten entstanden war.
Aber was auch immer die Gestalt eines Menschen annehmen konnte, konnte doch sicher auch wieder in seine ursprüngliche Form zurückkehren, wusste ein Werwolf nicht genug über Verwandlung?
Neveah nahm das Geräusch sich bewegender Knochen wahr, ein Prozess, an den sie bereits gewöhnt war, und Neveah verstand deutlich, dass sich direkt vor ihren Augen eine Verwandlung vollzog.
Gleich würde vor ihren Augen ein Ungeheuer stehen, gegen das sie keine Chance hatte, wenn es nach dem ging, was in diesen Büchern geschrieben und gezeichnet war.
Wäre dies ein Zeitpunkt gewesen, an dem nichts auf dem Spiel stand, hätte Neveah ohne Rücksicht auf die Konsequenzen einen Versuch gewagt.
Aber jetzt musste Neveah an jemand anderen denken, ihr Leben war nicht mehr nur ihr eigenes, das sie nach Belieben riskieren konnte.
"Veah! Lauf!" brüllte Neveahs Wolf ihr zu, und die Worte ihres Wolfes rüttelten Neveah auf.
Neveah rannte los, sprang in die Luft, ihre Verwandlung ging schnell vonstatten und im nächsten Moment sauste sie durch den Wald, so schnell ihre Pfoten sie tragen konnten.
Weit hinter Neveah spürte sie die Erde beben und das laute Krachen umstürzender Bäume, bald gefolgt von einem ohrenbetäubenden Schrei, der den ganzen Wald erschütterte.
Aber zurückschauen war das Einzige, was Neveah nicht tun wollte, und so rannte sie einfach weiter.
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